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Internationales Luftverkehrswachstum kommt auch in Deutschland an, aber hiesige Unternehmen verlieren weiter Marktanteile BDL legt Halbjahresbilanz der deutschen Luftfahrt vor

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08 August 2017 20:17 Uhr

Berlin (ots) - Im ersten Halbjahr 2017 zeigen die relevanten Kennzahlen zur Luftverkehrsentwicklung in Deutschland ein stärkeres Wachstum als im gleichen Vorjahreszeitraum: Im Passagierverkehr können die deutschen Fluggesellschaften mit 6,1 Prozent deutliche Zuwächse verzeichnen, und auch die deutschen Flughäfen weisen im ersten Halbjahr ein solides Wachstum von 6,4 Prozent auf. Der Luftfrachtverkehr zieht in den ersten sechs Monaten ebenfalls an.

Zu der Halbjahresbilanz sagt Dr. Stefan Schulte, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL): "Die Passagier- und Frachtzahlen wachsen stärker als in vergangenen Jahren, hier sehen wir eine deutliche Erholung. Allerdings legen die deutschen Fluggesellschaften und Flughäfen schwächer zu als der Gesamtmarkt. Damit setzt sich auch im ersten Halbjahr 2017 eine Tendenz der letzten Jahre fort: Deutsche Luftverkehrsunternehmen verlieren weiter Marktanteile." So haben die deutschen Fluggesellschaften an hiesigen Flughäfen seit 2011 insgesamt 6 Prozent Marktanteile verloren und liegen aktuell nur noch bei 56 Prozent. Größter Wachstumstreiber bleibt das Low-Cost-Segment.

Die Halbjahresbilanz der deutschen Luftverkehrswirtschaft unterstreicht den politischen Handlungsbedarf: "Wenn wir die gute Anbindungsqualität für Wirtschaft und Verbraucher erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrt stärken wollen, müssen wir gegensteuern. Unsere Unternehmen machen ihren Job bei der Zukunftssicherung, aber auch die Politik ist gefordert. Denn für die sinkenden Marktanteile der deutschen Unternehmen sind ganz wesentlich auch politische Rahmenbedingungen verantwortlich, die vom Gesetzgeber hausgemacht sind", so Schulte weiter.

Zu diesem Ergebnis kommt auch das im Auftrag der Bundesregierung erarbeitete Gutachten zur Markt- und Wettbewerbsentwicklung im Luftverkehr. Die Gutachter identifizieren nationale und europäische Sonderlasten als Hemmnis für die deutschen Unternehmen im internationalen Wettbewerb. Dazu Schulte: "Für die Stärkung der deutschen Luftfahrt brauchen wir keinen Protektionismus, sondern faire Wettbewerbsbedingungen. Die Gutachter der Bundesregierung und das darauf fußende Luftverkehrskonzept des Bundesverkehrsministers machen die richtigen Vorschläge zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu gehören der Abbau der Luftverkehrsteuer und die Teilübernehme der Luftsicherheitskosten in den Bundeshaushalt."

Zu der vom Umweltbundesamt vorgeschlagenen weiteren Beschränkung der Betriebszeiten an deutschen Flughäfen und Verschärfung der Lärmgrenzwerte sagte Schulte: "Erst Mitte Juli stellte der Hessische Verwaltungsgerichtshof fest, dass es keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Gesundheitsgefahren durch Fluglärm gibt, die über die im Fluglärmschutzgesetz berücksichtigten wissenschaftlichen Erkenntnisse hinausgehen. Damit bestätigt der Verwaltungsgerichtshof, dass es keine Rechtfertigung für verschärfte Grenzwerte im Fluglärmschutzgesetz gibt. Auch eine Auswertung der bisherigen Lärmwirkungsstudien, die die Charité durchgeführt und publiziert hat, kommt zu diesem Ergebnis."

Die Ergebnisse der Halbjahresbilanz 2017 im Einzelnen:

- Fluggesellschaften: Weltweit wuchs der Passagierluftverkehr um

7,9 Prozent, in Europa um 8,8 Prozent. Dieses Wachstum kommt

auch bei den deutschen Fluggesellschaften an. Sie weisen ein

Wachstum von 6,1 Prozent gegenüber dem gleichen

Vorjahreszeitraum auf. Dies ist eine wesentlich bessere

Entwicklung als im Jahr zuvor, als die deutschen

Fluggesellschaften zum Halbjahr Rückgänge hinnehmen mussten.

Allerdings liegen die deutschen Unternehmen weiterhin hinter dem

dynamischen Wachstum in anderen Weltregionen zurück.

- Flughäfen: Auch die deutschen Flughäfen konnten in den ersten

sechs Monaten des Jahres deutlich zulegen. Sie begrüßten fast

110 Millionen an- und abreisende Fluggäste und damit 6,4 Prozent

mehr Passagiere als im ersten Halbjahr des Vorjahres. Dabei ist

der internationale Verkehr deutlich stärker gewachsen als der

inländische Flugverkehr. Auch bei den Flughäfen fällt das

Wachstum aber unterdurchschnittlich aus, andere europäische

Luftverkehrsstandorte konnten stärkere Wachstumsraten aufweisen.

- Marktanteile: Das Wachstum an deutschen Flughäfen wird ganz

wesentlich von ausländischen Fluggesellschaften getrieben. Damit

setzt sich eine problematische Entwicklung der letzten Jahre

auch im laufenden Jahr fort: Die deutschen Fluggesellschaften

verlieren Marktanteile, während ausländische Fluggesellschaften

im deutschen Markt Kapazitäten aufbauen und ihre Marktposition

stärken. So ist der Marktanteil der deutschen Fluggesellschaften

an hiesigen Flughäfen von 62 Prozent im Jahr 2011 auf nunmehr 56

Prozent gesunken.

- Low Cost: Größter Wachstumstreiber im Passagierluftverkehr

bleiben Low-Cost-Verkehre. Seit 2011 nahmen die

Low-Cost-Verkehre an den deutschen Flughäfen um 120 Prozent zu,

was den Wettbewerbs- und Kostendruck weiter verschärft. Im

gleichen Zeitraum konnten die europäischen

Netzwerk-Fluggesellschaften wie British Airways oder Air France

ihr Angebot um 8 Prozent ausbauen. Deutsche

Netzwerk-Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Air Berlin haben

ihr Flugangebot hingegen um 23 Prozent reduziert, u.a. weil sie

Flüge auf Low-Cost-Plattformen verlagert haben, um

wettbewerbsfähig zu bleiben.

- Konnektivität: Die Anbindungsqualität der deutschen Flughäfen

ist nach wie vor sehr gut: Im Sommer 2017 können von deutschen

Flughäfen 356 internationale Ziele direkt mit dem Flugzeug

erreicht werden. Das ist gut für die Verbraucher und vor allem

auch für die exportorientierte deutsche Wirtschaft, die auf eine

gute Anbindung auf dem Luftweg angewiesen ist. Allerdings holen

wichtige Wettbewerbsländer wie etwa die Niederlande und Spanien

auf. Sie konnten ihre Konnektivität, also die Anzahl von

direkten Zielen und Frequenzen, in den vergangenen Jahren

deutlich steigern.

- Luftfracht: Der weltweite Frachtluftverkehr wuchs im ersten

Halbjahr 2017 um 10,4 Prozent. Das ist eine deutlich positivere

Bilanz als im Vorjahr, wo der Frachtverkehr mit 0,5 Prozent

stagnierte. Die europäischen Fluggesellschaften sind mit 13,6

Prozent sogar stärker gewachsen als der weltweite Schnitt.

Maßgeblich dafür war die hohe Nachfrage zwischen Europa und

Asien. Doch weder die Lufthansa Cargo noch die großen

Frachtflughäfen in Deutschland haben in der Größenordnung des

weltweiten Durchschnittswachstums zulegen können.

Seit 2015 legt der BDL regelmäßig zweimal im Jahr Kennzahlen zur Lage der deutschen Luftverkehrswirtschaft vor. Die Zahlen umfassen die Entwicklung der Fluggesellschaften und Flughäfen und ordnen diese anhand von internationalen Vergleichszahlen ein. Zu diesem Zweck zieht der BDL unterschiedliche aktuelle Quellen heran: die konsolidierten Zahlen der BDL-Mitgliedsunternehmen, die Ergebnisse der ADV-Statistik sowie die Zahlen der IATA zur weltweiten Entwicklung.

Alle Grafiken finden Sie hier: www.bdl.aero/de/veroffentlichungen/zahlen-zur-lage-der-branche/

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) wurde 2010 als gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Luftverkehrswirtschaft gegründet. Mitglieder des Verbandes sind Fluggesellschaften, Flughäfen, die Deutsche Flugsicherung und weitere Leistungsanbieter im deutschen Luftverkehr. Die Mitgliedsunternehmen beschäftigen mehr als 180.000 Mitarbeiter. Die deutsche Luftverkehrswirtschaft ermöglicht Mobilität für jährlich über 200 Millionen Fluggäste und trägt mit dem Transport von Außenhandelswaren im Wert von über 200 Milliarden Euro zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland bei.

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